Zeugnisse
Die Weite und Freiheit, die in der Ignatianischen Spiritualität liegen, sind mir in meiner Arbeit und meinem Leben wichtig:
„Gott in allen Dingen suchen und finden“ (Ignatius v. L.), ein entschiedenes Leben und die alltägliche „Unterscheidung der Geister“ im Nachdenken, Beten, Austausch mit Mitschwestern und FreundInnen sowie im Erleben von Natur und Musik, helfen mir, mein Leben als Christin zu gestalten.
Als Seelsorgerin für Studierende im Bistum Dresden-Meißen, in Geistlicher Begleitung und Exerzitienarbeit begleite ich Menschen auf Wegen des Wachsens und der Versöhnung.
Am Tag darauf stand Johannes wieder dort und zwei seiner Jünger standen bei ihm.
Als Jesus vorüberging, richtete Johannes seinen Blick auf ihn und sagte: Seht, das Lamm Gottes!
Die beiden Jünger hörten, was er sagte, und folgten Jesus.
Jesus aber wandte sich um, und als er sah, dass sie ihm folgten, fragte er sie: Was wollt ihr? Sie sagten zu ihm: Rabbi – das heißt übersetzt: Meister, wo wohnst du?
Er antwortete: Kommt und seht! Da gingen sie mit und sahen, wo er wohnte, und blieben jenen Tag bei ihm; es war um die zehnte Stunde. Joh 1,35-39
Für mich ist es im Wirbel des Alltags einerseits eine Herausforderung, aber gleichzeitig gibt es mir auch Hoffnung, einem Jesus nachzufolgen, der mich so offen und konkret fragt: „Wen suchst du?“
Wenn ich die Ereignisse des Alltags manchmal verwirrt, manchmal staunend betrachte, frage ich zurück: „Meister, wo wohnst du?“
Die Antwort Jesu führt mich hinein in meinen Alltag, dorthin, wo ich lebe, wo ich arbeite, zu den Menschen, denen ich Tag für Tag begegne: bei einer Geburt gegenwärtig zu sein aber auch schmerzhafte Situationen auszuhalten – diese Momente gewinnen eine neue Dichte.
Die Erfahrung der unendlichen, unbedingten, persönlichen, lebensfördernden und verwandelnden Liebe Gottes hat die Sehnsucht in mir geweckt, auf die in ihr verborgene Einladung zu antworten und das bekommene Geschenk zu teilen: andere auf ihrem Weg zur Entdeckung dieses Schatzes in ihren unterschiedlichsten, oft krisenhaften Lebensphasen zu begleiten und ihnen dabei zu helfen. Das versuche ich in meiner Sendung in der Spiritualität und den Medien zu leben.
Als einen großen Reichtum erlebe ich – neben der Spiritualität und der Sendung unserer Kongregation – ihre Internationalität: die Vielfalt der Kulturen und Sendungen überrascht mich oft mit neuen Einsichten und Annäherungsweisen sowohl in meinen Beziehungen zu meinen Mitmenschen und zu Gott, als auch in meiner Selbstkenntnis.
Seit September 2023 bin ich die Verantwortliche für die Ausbildung der Frauen, die das Ordensleben in unserer Helferinnenfamilie beginnen. Das ist ein neues Abenteuer für mich, eine sensible und sehr schöne Aufgabe. Durch die Novizinnen habe ich die Möglichkeit, über Gottes Wirken im Leben jeder einzelnen zu staunen und etwas von seiner Art und Weise zu erfassen, wie er mit verschiedenen Menschen und Persönlichkeiten in Kontakt kommt und bleibt. Dies und viele andere Geschenke Gottes in dieser Welt zu sehen, macht mich dankbar.
Als ich Ordensfrau wurde, machte ich nichts anderes als dass ich jeweils den nächsten Schritt tat und dabei aufmerksam war auf die Zeichen Gottes und die Richtung, in die mich Gott führte und rief. Diese Haltung hilft mir auch heute in meinem Alltag: aufmerksam sein, wozu mir
HEUTE die Vorsehung die Möglichkeit gibt; die Aufgaben annehmen im Wissen, dass ich die Kraft dazu bekommen werde, und die Dinge loslassen, die mich nicht betreffen. Ich möchte in jedem Dienst, den ich tue, als Mitarbeiterin des schaffenden und fürsorglichen Gottes leben.
In Csobánka sind meine Tätigkeiten: Organisation der spirituellen Programme,
Empfang der verschiedenen Gruppen, geistliche Begleitung, Seelsorge.
Ich habe Aufgaben in der Caritas vor Ort und auch in der Gemeinschaft.
„Ich tue in jeder Tätigkeit etwas Unvergängliches.“ Maria von der Vorsehung
Seit mehr als zwanzig Jahren lebe ich in der Gemeinschaft. Hier lerne ich, wie ich Gott in allem suchen, lieben und dienen kann. Im Alltag erfahre ich, dass Gott wie eine Melodie mein Leben und meine Arbeit begleitet.
Er leitet mich wie ein guter Tänzer, d.h. wenn ich auf Ihn aufmerksam bin und mich leiten lasse, kann ich eindeutig spüren, wann und wieviele Schritte ich tun soll, wann ich langsamer oder schneller schreiten oder mich drehen soll.
Er zeigt mir ob ich Schritte nach vorne oder zurück gehen soll. In all dem gibt es keine Steifheit, es wird nicht langweilig, sondern es ist, wie ein Pulsschlag, es ist Schwung, Dynamik, voll mit Leben, dessen Grundmelodie Gott ist. Gott suchen in allen Dingen bedeutet für mich diese Grundmelodie zu spüren und auf sie zu hören.
„Wähle das Leben, damit du lebst.“ Dtn 30,19
Dieser Vers aus dem Buch Deuteronomium ist mir persönlich schon sehr lange wichtig. In meiner Sendung als Volksschullehrerin (die ich zur Zeit in Wien an einer Schule mit Kindern aus vielen verschiedenen Ländern und Kulturen) ausübe, ist er mir Wegweiser im Umgang mit den Kindern: Leben freilegen, die Stärken der Einzelnen entdecken und fördern, mit den Schwächen liebend umgehen, das achtsame und respektvolle Miteinander fördern …
Wenn ich dabei mithelfen und begleiten darf, erfüllt mich das mit Freude und ich fühle mich sehr nah an unserem Charisma „den Menschen zu helfen, das Ziel ihrer Erschaffung zu erreichen“.
Ich arbeite als Gemeindereferentin in einer Münchner Innenstadtpfarrei. Mir ist es eine große Freude mit den Menschen unterwegs zu sein und mit ihnen Gott zu suchen in allem, was das Leben, aber auch der Tod eines Menschen, so mit sich bringen und bedeuten. Zurzeit darf ich mein Tertiat, das sogenannte „Dritte Jahr“ absolvieren. Es ist für mich eine Zeit der geistlichen Vertiefung und einer tieferen Verwurzelung in Gott und unserer Gemeinschaft.
Ich bin derzeit die Älteste in der Salzburger Gemeinschaft. Nach 20 Jahren Missionsarbeit im Tschad kam ich 2006 zurück. Seit 2007 bin ich in Salzburg und kümmere mich um Haus, Gäste, Garten und Kontakte zur Nachbarschaft. In der Pfarre bin ich im PGR, im Missions- und Sozialkreis und betreue den Pfarrgarten und den Blumenschmuck der Kirche. Ich engagiere mich auch in der Sozialsprechstunde – ein Dienst, der sehr berührend ist und mich gleichzeitig mit der großen Not der Bedürftigen konfrontiert.
In den Menschen die Hoffnung stärken und ihnen den Weg zu wahrem Leben – zur Begegnung mit Gott – ermöglichen, diese Sehnsucht begleitet und führt mich auf meinem eigenen Weg.
Ich habe das Handwerk der Musiktherapeutin und der Geistlichen Begleiterin gelernt. Je länger ich mit Menschen arbeite, umso mehr sehe ich: der Handwerker, der die eigentliche Arbeit macht, ist Gott.
Selbst schätze ich gutes Werkzeug für die kleinen Dinge, die im Alltag zu tun sind. Wie fein, ein scharfes Messer oder den genau passenden Schraubenschlüssel gebrauchen zu können!
Das Gebet „Herr, mach mich zu einem Werkzeug deines Friedens“, das Franz von Assisi zugeschrieben wird, lässt mich an eine Werkzeugkiste Gottes denken. Ob sie aufgeräumt ist, nach menschlichem Ermessen? Sicher ist sie in göttlicher Ordnung sortiert, und jedes von uns hat seinen Platz darin.
Ich stelle mir vor, wie Gott an Seiner Schöpfung arbeitet – immer neu, mit uns. Wie Gott aus der Werkzeugkiste auswählt – denn jedes von uns hat seine ganz bestimmte Funktion, und Er braucht uns alle – wie Er uns pflegt, uns sorgfältig reinigt, vielleicht schärft, uns manchmal auch mit einem anderen Werkzeug repariert, damit wir weiterhin gut in Seiner Hand liegen und die Arbeit harmonisch vor sich geht, wie jemand beobachten kann, Engel vielleicht.
Und wenn wir selbst nur den Ausschnitt des Geschehens wahrnehmen, von dem zum Beispiel ein Schnitzmesser erzählen könnte? Dass Druck herrscht und Späne fliegen mit viel Geräusch, und immer wieder das Gleiche mit einem passiert, ohne, dass man ein Ergebnis sieht?
Und wenn ich mich darauf konzentriere, wie Gottes Hand mich in diese und jene Bewegung führt? Vielleicht ist das schwungvoll angenehm? Könnte ich achten, wie unterschiedlich ich an verschiedenen Stellen im Holz ankomme, und wie es klingt? Und daran glauben, dass ein Moment der Freude kommt, in dem Gottes Blick mich sehen lässt: „es ist gut!“?
Für mich ist vielleicht der wichtigste Abschnitt im Evangelium: „Seid barmherzig, wie es auch euer Vater ist. Richtet nicht, dann werdet auch ihr nicht gerichtet werden. Verurteilt nicht, dann werdet auch ihr nicht verurteilt werden. Erlasst einander die Schuld, dann wird auch euch die Schuld erlassen werden. Gebt, dann wird auch euch gegeben werden.“ (Lk 6, 36 – 38)
Ich möchte Christus zusammen mit Maria folgen und zulassen,dass Sein Geist durch mich wirkt und andere beschenkt. Ich vertraue auf die Vorsehung des barmherzigen Vaters im Himmel, der mir immer rechtzeitig gibt, was ich brauche, um anderen zu helfen.
Ich weiß, dass ich noch weit davon entfernt bin, mein Leben für meine Freunde hinzugeben, aber ich versuche, das von Jesus zu lernen.
Zur Zeit bin ich in Graz als Seelsorgerin für Theologiestudierende tätig. Zu meinen Aufgaben gehören beispielsweise geistliche Begleitung, Kurse zu Formen christlicher Spiritualität und Exerzitien.
Ich möchte die Studierenden dazu ermutigen und dabei begleiten, ihre Begabungen zu entdecken und zu entfalten, der eigenen Sehnsucht zu trauen und so immer mehr ihren ganz eigenen Weg zu suchen und zu finden. Räume zur Begegnung untereinander, zum gemeinsamen Suchen und Ausprobieren gehören dazu ebenso wie der Raum für das ganz persönliche Fragen nach der Beziehung zu Gott zu sich selbst und zu anderen.
„Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz“. (Mt. 6,21)
Diese Bibelstelle begleitet mich seit Jahren. Diese Aussage in der Bibel lädt mich immer wieder neu ein, innezuhalten und nachzudenken: Was nimmt die erste Stelle in meinem Alltag, in meinem Leben ein? Dieses innehalten und neu ausrichten hilft mir, die wahre innere Freiheit einzuüben. Solche Momente erlebe ich dann als große Gnade und sie geben mir wieder Kraft für den Weg in der Nachfolge Jesu.
Das Helferinnencharisma, verbunden mit der ignatianischen Spiritualität, begleitet mich nun schon über 40 Jahre. Seit mehr als 10 Jahren begleite ich als freiwillige Mitarbeiterin des Hospizvereines in Graz Menschen in Heimen, manchmal auch in Spitälern, in der letzten Lebensphase. Diese Begleitung kann mehrere Jahre dauern, aber auch nur Tage oder Stunden … und es sind meistens Menschen, die allein sind. Einige Male im Jahr begleite ich, vor allem in Deutschland, manchmal auch in Österreich, Einzelexerzitien, oft auch in kleinen Gruppen. Einige Menschen wünschen auch regelmäßige spirituelle Begleitgespräche, persönlich, telefonisch oder per Zoom.
Der Aspekt unseres Charismas: Befreiung durch Jesu erlösendes Wirken in Tod und Auferstehung hat meine Lebens- und Glaubensgeschichte bisher geprägt. Ohne dieses Wirken Gottes hätte ich keinen Halt. Daher sehne ich mich danach, verzweifelten schuldbeladenen Menschen durch meine Erfahrungen zu vermitteln: Jesus hat auch dich befreit durch seine Hingabe und schenkt dir neues Leben und lädt dich ein, dieses Geschenk von ihm anzunehmen.
In jeder Begegnung kommt mir Gott in seiner Vielfalt entgegen. Ich möchte aufmerksam dafür sein und den Schmerz der Grenzerfahrungen ertragen und hingeben für uns alle. Möge Gott fruchtbar werden lassen, was ich an Kontaktfreude und anderen Fähigkeiten im konkreten Alltag einbringe.
In meinem Leben wirkt Gott in jedem Ereignis, in jedem Erlebnis und in jeder Erfahrung. Seine fürsorgliche Gegenwart zeigt sich in Allem.
Ich übe mich jeden Tag darin, dass ich meine Aufmerksamkeit ganz auf Ihn richte. Er lässt sich in jedem Dienst, in jedem Gesicht, in jeder Familie, der ich begegne und in jedem Gespräch finden – sei es ein Gespräch mit einem Freund/einer Freundin, oder ein geistliches Begleitgespräch. Er trägt mich in seiner Gnade. Ich spüre: es ist gut für mich als Ordensfrau zu leben.
„Du hast mich verlockt, Herr, und ich ließ mich verlocken.“
Ich habe Ihm geglaubt, dass Er der Weg, die Wahrheit und das Leben ist. Er hat mein Herz unruhig gemacht, und ich bin unterwegs, Ihn zu suchen. Ihn zu finden ist immer ein Suchen. Wohin soll ich gehen: Er hat Worte des ewigen Lebens.
Der Weg, auf dem ich gehen möchte, ist ein Pilgerweg, ein mächtiges Abenteuer. Die Einladung, dass ich Seine Botschaft für meine Mitmenschen verkünde, ist eine Herausforderung. Meine Sendung ist ein Risiko, weil Seine Liebe radikal ist, sie bringt alles durcheinander, und verursacht Unverständnis bei den Menschen. Diese Arbeit ist übermenschlich, das kann ich nicht ohne Seine liebende Ermutigung ertragen. Aber ich fürchte mich nicht, weil Er bei mir ist, Er hat es versprochen, bis ans Ende der Welt. Ich bin nicht allein, ich arbeite mit den anderen zusammen, dass sein Reich kommen kann. Was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat und was in keines Menschen Herz gedrungen ist, hat Gott denen bereitet, die Ihn lieben.
Nimm an, mein Herr, mein Leben, meine Arbeit und alle meine Versuche, damit ich von Dir Zeugnis geben kann!
„Die Annahme der Befreiung in Jesus Christus bringt Umwandlungen und radikale Umkehr mit sich. In der Hoffnung, daß das Reich Gottes durch diese schmerzlichen Wegstrecken hindurch anbricht, sind wir berufen, uns jenen Menschen und Gruppen zu widmen, die in Situationen der Prüfung und des Wachsens leben.“ (Konstitutionen Art. 19)
Momentan lebe ich in Sândominic und arbeite in der Bewegungsförderung. Mir ist es wichtig, dass die Menschen auch in der Phase von Schmerzen und Prüfungen Gottes fürsorgliche Liebe und spürbare Nähe erleben dürfen. Ich mache täglich die Erfahrung, wie großartig der liebe Gott ist, und ich spüre eine immer wachsende Dankbarkeit für die Berufung und das Leben, das ich von Ihm erhalten habe.
„Wir haben keine andere Sicherheit als die Großzügigkeit Gottes“ (Konst. Nr 21) – dieser Satz aus unseren Konstitutionen bewegt mich immer wieder sehr tief.
Diese Großzügigkeit hat mich schon an die unterschiedlichsten Orte und zu verschiedenen Aufgaben in Österreich, Deutschland, Ungarn und Indien geführt. Ich erfahre sie auch in der Sabbatzeit, die mir nach großen Herausforderungen in den letzten Jahren jetzt gegönnt ist. Ich lebe diese Zeit in der Hoffnung, dass ich einmal sagen kann: Sie war mein „Jobeljahr“, eine „Gnadenzeit des Herrn“ (vgl. Lk 4,19), durch die ich von einigen Fesseln befreit wurde und nun mit einer neuen Perspektive weitergehen kann.
Durch diese Auszeit habe ich auch die Chance, Neues auszuprobieren. Viel Freude macht mir z. B. die Mitarbeit im Verein „Share“, der Lebensmittel gratis weitergibt, die sonst im Müll landen würden.
König David hat im Psalm 18, 20 bzw. 30 seine Verbundenheit mit Gott so ausgedrückt: „Er führt mich hinaus ins Weite… Mit dir erstürme ich Wälle, mit meinem Gott überspringe ich Mauern.“
Dieses Bild hat mich geprägt.
Jesus Christus ist für mich die Zusicherung für Gottes Gegenwart in meinem Leben als Helferin. Seine Treue,
seine Führung, seine Gefährtenschaft – durch alles hindurch – waren wichtige Erfahrungen in den verschiedensten Aufgaben meines Lebens.
Ähnlich den Worten von Papst Franziskus kann ich sagen: Voll Dank bin ich für meine Vergangenheit, mit Eifer möchte ich in der Gegenwart leben und mit Hoffnung in die Zukunft schauen.
„Jesus sah ihn an und gewann ihn lieb…“ (Mk 10,21)
Ich bin tief überzeugt, dass jedes Menschenleben in der Suche und im Erleben dieser Liebe seinen Sinn gewinnt.
Meine Sendung erfülle ich im Rahmen der Stiftung der Helferinnen, wo ich in unterschiedlichen Formen meine Unterstützung v.a. für suchtkranke Menschen und deren Angehörige anbiete.
Bei meiner Arbeit darf ich Gefährtin sein für Menschen, die viel gelitten haben, die ein erfülltes, sinnvolles Leben suchen. Ich lerne viel über die Hoffnung, über die menschliche Güte, über die innere Kraft des Menschen, über seinen Glauben, über die vielfältige Gnade Gottes, über Seine Liebe und Güte. Ich bin dankbar für meine Berufung, für die vielen Menschen, die mir auch geholfen haben und heute noch helfen, damit ich auch jeden Tag immer neu das Leben suche und finde, und dafür, dass ich in dieser Suche auch anderen helfen kann.
“Du aber wähle das Leben” – diese Worte der Bibel sind mir sehr wichtig geworden.
Obwohl ich das Christentum erst als Erwachsene kennengelernt habe, war es eine entscheidende Erfahrung in meiner Kindheit und Jugend, dass ich Gott suche, und Gott mich sucht. Wir treffen uns an unerwarteten Orten, in Krisensituationen und ihren Lösungen, in Krankheit und Heilung, in Heimatlosigkeit und menschlicher Liebe, in Verletzungen und Versöhnung.
Wenn ich das Charisma unseres Ordens lebe – Menschen in schwierigen Situationen begleiten, ihnen helfen, die Chance, die in einer Krise liegt zu ergreifen – ist es mir möglich, aus meiner tiefen Sehnsucht zu leben.
Meine Grundberufung ist zu heilen, das lebe ich derzeit als Psychotherapeutin.
Ich freue mich, dass ich im zivilen Bereich arbeite, wo ich viele Menschen treffen kann, die bewusst oder unbewusst Gott suchen. Ihnen möchte ich helfen, dass sie das Leben wählen.
Nach 10 Jahren pastoraler Arbeit in München studiere ich nun in Rom an der Universität der Gregoriana Psychologie. Wir sind eine total internationale Kursgruppe (fünf Afrikaner, vier Inder, ein Indonesier, drei Lateinamerikaner und vier Europäer), und ich falle als Frau in Zivilkleidung ziemlich auf (wir sind lauter Ordensleute und Priester). Wir sind als Kursgruppe schon sehr zusammengewachsen und bemühen uns redlich mit den Herausforderungen zurechtzukommen: das Studium ist auf Italienisch und Englisch und der Arbeitsrhythmus äußerst dicht. Und trotzdem bin ich (fast) jeden Tag für diese Möglichkeit der Horizonterweiterung und den intensiven persönlichen Weg, der damit verbunden ist, dankbar. Ich lebe sehr gern in Rom und in meiner Gemeinschaft, in der wir die Internationalität als große Bereicherung und wesentliche Dimension unseres Helferinnenlebens erleben.
„Suchet das Wohl der Stadt, in die ich euch weggeführt habe, und betet für sie zum Herrn; denn in ihrem Wohl liegt euer Wohl!“. Diese Aufforderung höre ich oft in meinem Inneren murmeln, wenn ich durch die Straßen Berlins spaziere. Die Kontraste in dieser Stadt, die vielen Hinweise auf ihre wechselhafte Geschichte und vor allem die Gesichter und Stimmen der Menschen lassen mich immer wieder nach meinem Platz als Helferin in ihr fragen. Aktuell ist dieser Platz hauptsächlich mein Schreibtisch. Von hier aus studiere ich Angewandte Theologie mit dem Ziel, Gemeindereferentin zu werden. An den Wochenenden bin ich als Organistin in unserer Pfarrei tätig. Und in meiner Freizeit bin ich gerne auf Spurensuche im Berliner Osten unterwegs. Wie haben die verschiedenen politischen und wirtschaftlichen Systeme die Kultur, das Denken und auch das Christsein auf beiden Seiten der Mauer geprägt? Ich spüre dabei immer wieder, dass ich „Wessi“ bin. Eine Wessi, die etwas zur Versöhnung, zur gegenseitigen Wertschätzung und zur Einheit beitragen möchte.
„Wir entscheiden uns hauptsächlich für jene Menschen, die man vergisst, die in ihrer Menschenwürde verletzt sind und die die Verkündigung der Frohen Botschaft am dringendsten brauchen.“ – so lesen wir in unseren Konstitutionen. Frauen, die zutiefst verletzt sind, begegne ich an meiner Arbeitsstelle täglich. Es sind Frauen, die Opfer von Menschenhandel geworden sind, in die Zwangsprostitution gerieten oder aus Angst vor Zwangsverheiratung aus ihrer Heimat fliehen mussten. Frauen, denen trotz ihrer extremen Lebens– und Fluchtgeschichte auch in Deutschland nicht so einfach ein Bleiberecht zuerkannt wird. Es ist ein langer, mühsamer Weg bis zur Erlangung eines ordentlichen Aufenthaltstitels – wenn er ihnen überhaupt zuerkannt wird. Gibt es eine Frohe Botschaft für diese Frauen? Was hält diese oftmals stark traumatisierten Frauen am Leben? Was gibt ihnen die Kraft, durchzuhalten und weiter zu kämpfen? Einmal war ich im Gespräch mit einer muslimischen Frau. Ich war erstaunt, wie diese Frau über ihre Beziehung mit Gott sprach. Trotz des vielen Leids, das sie schon von Kind an im familiären Umkreis erfahren hat, hielt sie sich ihr Leben lang am Gebet fest. Das Beten ist für sie ein Ort, wo sie zu Gott schreien kann, vor Ihm schluchzen und weinen darf. Ihre leidvollen Erfahrungen haben sie nicht von Gott weggeführt, sondern Ihm nähergebracht. Abends hatten wir in der Gemeinschaft eine stille Anbetungszeit in der Kapelle. Ich war tief berührt von der Leidensgeschichte dieser Frau und von ihrem Glaubenszeugnis. Ich spürte, dass Gott dieser Frau besonders nahe ist, und ich bat um die Gaben der Weisheit, Klugheit und auch der Beharrlichkeit, damit ich diese Frau im komplizierten deutschen Asylverfahren hilfreich unterstützen kann.
„Wir haben keine andere Sicherheit als die Großzügigkeit der Liebe Gottes“ (Konst. 21)
Mit großer Dankbarkeit blicke ich auf mein Leben zurück. Ich durfte in einem langen Prozess – vor allem durch die Exerzitien – an diese Großzügigkeit der Liebe Gottes glauben lernen.
Es ist mir ein tiefes Bedürfnis mitzuhelfen, dass Menschen sich dieser Liebe anvertrauen. Die Gelegenheit habe ich oft, besonders auch jetzt, wo ich zusammen mit einer Mitschwester in einem Grazer Pflegewohnheim lebe und dort mit Offenheit auf MitbewohnerInnen und Angestellte zuzugehen versuche.
Zusammen mit einer Schwester bilden wir eine Gemeinschaft, die in einem Pflegeheim wohnt. Auch mit abnehmenden Kräften versuche ich auf andere Mitbewohnerinnen zuzugehen, ihnen ein freundliches Wort zu schenken oder ihnen einen kleinen Dienst zu tun.
Es wird mir auch immer mehr bewußt, dass Altwerden eine Aufgabe ist. Alles geht langsamer, die Kräfte nehmen ab und doch erlebe ich jeden Tag als ein Geschenk Gottes, das ich nutzen möchte, um Ihm bewusst entgegenzugehen und mich seiner Hand zu überlassen.
Mein Apostolat in der Altenseelsorge führt mich zu Menschen, die mit ihrem Alter, ihrer Gebrechlichkeit, ihren Krankheiten sehr unterschiedlich umgehen. So habe ich die Möglichkeit, mit Gesprächen, Zuhören, Spazierengehen, Andachten…
Freude und Abwechslung in ihr Leben zu bringen. Dies entspricht auch dem Wunsch unserer Gründerin, bei allem Guten mitzuhelfen, was es auch sei.
Die Grunderfahrung meines Lebens ist dass Gott, der „Ich-bin-da” mich trägt, wachsen lässt und in Jesus von Nazareth mir Seine persönliche Freundschaft anbietet und mich teilhaben lässt an seiner Sendung. „Den Menschen helfen, Gott zu begegnen“ (Konst. 25 ) hat mich in 5 Ländern, 4 Sprachen und 3 Jahrzehnten in unterschiedlichen Aufgaben geleitet. Als Krankenhausseelsorgerin darf ich jetzt Erinnerung und Zeugin der Gegenwart Gottes sein, manchmal auch da, wo sich Abgründe im Leben auftun. Bei den Studierenden freue ich mich, dass das Projekt „Deutsch mit Herz“ für Migranten und Flüchtlinge ihnen Gelegenheit gibt, sich zu engagieren und im solidarischen Miteinander über Grenzen hinweg zu wachsen. Vielleicht ergibt sich in Zukunft auch in Wien wieder die Möglichkeit in geistlichen Programmen Menschen zu ermutigen, sich dem Leben schaffenden Wirken Gottes anzuvertrauen.
Die Frohe Botschaft, die wir empfangen haben, muss weitergegeben werden: Wir empfinden das als dringende Notwendigkeit. Mit unserem ganzen Leben und unserem Wort möchten wir den Menschen helfen, Gott zu begegnen. Wenn wir in Wahrheit verkünden wollen, dass Gott Vater ist, müssen wir daran arbeiten, dass zwischen uns und allen Menschen Beziehungen der Liebe und der gegenseitigen Achtung entstehen, damit der absolute Wert aller Menschen, vor allem der Armen und Geringen, anerkannt werde. (Konst. 25)
„Durch Ihn, mit Ihm und in Ihm“ diese zentralen Worte der Eucharistiefeier sind für mich mehr und mehr die zentralen Worte geworden, die meinen Alltag prägen, ihn umwandeln und umfangen.
Mit Ihm, ja durch Ihn kann ich meinen Alltag und meinen Dienst an meinen Mitschwestern und Mitmenschen in Indien leben, als Oberin, als Verantwortliche für die Ausbildung, als Mensch.
Durch Ihn, mit Ihm und in Ihm wird mein Leben reich, abwechslungsreich und mit Sinn erfüllt.
Ich will, dass du lebst, höre ich Gott heute rufen.
Es ist sein Jubel und seine Antwort auf mein Seufzen: Ich will leben, ganz.
Gott der mich liebt, hat mir im Leben Jesu zugerufen:
Komm. Komm heraus. Komm, riskiere dich. Komm mit.
Er führt mich – in ein Leben, in dem ich ganz werde.
Ein Leben in Gemeinschaft, Einfachheit und der Unruhe, nicht nur auf meine eigene Stimme zu hören. Ich glaube, dass Gott, indem er Menschgeworden ist, die Freundschaft in uns eingepflanzt hat, über alle Grenzen hinweg.
In dieser Freundschaft will ich als Schwester leben.
Ich habe mehr und mehr entdeckt, dass die gemeinsame Dynamik, die sich durch meine verschiedenen Lebensbereiche zieht und alles verbindet, eine tiefe Sehnsucht nach Ganzheit ist, nach Fülle des Lebens, ob ich jetzt Geige spiele oder Menschen in Exerzitien begleite…
Diese tiefe Sehnsucht richtet mich auf Gott aus, den Gott des Lebens, der erschafft, formt, erfüllt. Ich finde mich, wer ich bin, am tiefsten in Beziehung zu Gott. Und es ist diese Beziehung, die wie ein roter Faden durch mein Leben geht und die mich ins Ordensleben geführt hat.
„Den Menschen helfen, das Ziel ihrer Erschaffung zu erreichen“ – eine Kurzbeschreibung des Charismas der Helferinnen, die mich von Anfang an angezogen hat und in der ich mich auch heute noch wiederfinde. Im Laufe der Jahre hat sich mein Verständnis unseres Charismas ausgeweitet, vertieft. Vor einigen Jahren wurde mir bewusst, dass zu diesen Menschen, zu denen wir gesendet werden, auch meine eigenen Mitschwestern gehören. So kann es Zeiten geben, wo nicht der Einsatz nach außen im Vordergrund steht, sondern das Begleiten der eigenen Mitschwestern, die Sorge um ihr Wohl und um das Wohl der Gemeinschaft. Aktuell lebe ich als Oberin der Gemeinschaft in Graz vor allem auf diese Weise meine Helferinnenberufung.
„Denn ich, ich kenne meine Pläne, die ich für euch habe – Spruch des Herrn -, Pläne des Heils und nicht des Unheils, denn ich will euch eine Zukunft und eine Hoffnung geben.“ (Jer 29,11)
In meinem Leben, so wie auch in meiner Sendung, habe ich immer wieder sehen können, wie dieses Versprechen, wie dieses Geheimnis zum Vorschein kommt:
– wie ein Kind in einer schwierigen Situation wieder vertrauen kann
– wie ein Jugendlicher mit Behinderung das Einfache im Leben wertschätzen kann
– wie kranke Menschen Jesus als ihrer Heilsquelle, als ihrem Heiland begegnen
– wie in konfliktreichen Situationen Versöhnung möglich ist, wo Neuanfang geschehen kann
– wie…
Diese Zusage Gottes ist das, was mich täglich begleitet und mir Kraft gibt, – auch um Seinen Zuspruch anderen weiter zu bezeugen.
„Wir kommen aus sehr verschiedenen Milieus und Ländern; wir wollen die Unterschiede achten und uns durch das Annehmen der Werte, die die anderen in sich tragen, verwandeln lassen.“ (Konstitutionen 73)
Mit Staunen habe ich in den Jahren meines Ordenslebens immer mehr wahrgenommen, dass so wirklich Wandlung geschieht und mir Menschen wertvoller werden und ich ihnen.
So lerne ich die Schöpfung mit den Augen Gottes zu sehen und zu lieben und mitzuarbeiten an einer geschwisterlichen Welt.
„Hoffe auf den Herrn und sei stark, hab festen Mut und hoffe auf den Herrn!“ Psalm 27
Ein großer, schmerzlicher Einschnitt in meinem Leben war der plötzliche Tod meines Vaters als ich 18 Jahre alt war. Eine Hilfe war mir damals bereits mein Vertrauen darauf, dass es einen liebenden Gott gibt, bei dem mein Vater nun geborgen ist. Seit meinem Eintritt in die Gemeinschaft der Helferinnen im Jahr 1999 hat sich die Ahnung, dass es ein Leben nach dem Tod gibt, dass es eine Verbindung über den Tod hinaus gibt, in eine tiefe Gewissheit verwandelt. Die wachsende Beziehung zu Jesus, seine Barmherzigkeit und heilende Kraft, die Erfahrung, dass Versöhnung über die Grenzen des Todes hinaus möglich ist, ist ein tragender Pfeiler für mein Leben geworden, wofür ich sehr dankbar bin.
„Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der nach der Hoffnung fragt, die euch erfüllt.“ 1 Petr. 3,15b
Vor ein paar Jahren kam ich von München nach Salzburg. Während der Coronazeit baute ich mir langsam eine neue ehrenamtliche Tätigkeit auf. Dazu gehört geistliche Begleitung und Exerzitienbegleitung, Deutschunterricht meist online und hie und da Besuche im Altenheim. Dabei ist mir immer wichtig, Gott in den Menschen und Ereignissen zu suchen und zu finden.
Je älter ich werde, umso wertvoller wird mir jeder Tag. Ich erlebe ihn als Geschenk, das ich nicht einfach unbeachtet liegenlassen möchte. Ähnlich geht es mir beim Rückblick auf mein Leben. Es war nicht immer leicht und es hielt Überraschungen für mich bereit, die mich oft, aber nicht immer erfreut haben. Ich habe mich auch nicht immer auf Gott und seine Führung ausgerichtet. Und doch erfüllt mich der Rückblick mit Dankbarkeit und Freude, dass ich mein Ja zu seinem Ruf gesagt habe. Und diese Dankbarkeit stärkt mein Vertrauen auf Seine Führung.
„… Wenn wir in Wahrheit verkünden wollen, dass Gott Vater ist, müssen wir daran arbeiten, dass zwischen uns uns allen Menschen Beziehungen der Liebe und der gegenseitigen Achtung entstehen, damit der absolute Wert aller Menschen, vor allem der Armen und Geringen, anerkannt werde.“ (Konstitutionen 25)
Ich meine, das ist eine der wichtigsten Aufgaben der Provinzleitung, in der ich als Vizeprovinzoberin mitarbeite: Daran arbeiten, dass zwischen uns Beziehungen der Liebe und der gegenseitigen Achtung entstehen.
Wenn wir untereinander uns um diese Beziehungen mühen, dann wird es uns auch eher gelingen, sie zu den Menschen, zu denen wir gesendet sind, zu leben.
Noch in zwei andere Richtungen ist es mir wichtig, gute Beziehungen zu pflegen:
In Zeiten des Gebets und der Stille zum dreifaltigen Gott, und zu mir selbst, indem ich meine Gaben lebe, meine Grenzen achte und beides jeden Tag neu aus Gottes liebevoller Hand empfange.
Den Gedanken unseres Charismas „für eine Hoffnung über Grenzen hinweg“ habe ich sehr schätzen gelernt. Ausgehend von der Würde jedes Menschen ist es mir wichtig Grenzen zwischen Menschen unterschiedlicher Nationalitäten, Generationen, sozialer Hintergründe etc. zu überwinden. So möchte ich bezeugen, dass die Menschheit in der Verbundenheit und im Teilen ihre Vollendung findet – wie es unsere Konstitutionen sagen.
Nach einer langen Zeit des Dienstes innerhalb der Provinz, zuerst als Novizenmeisterin und im Anschluss als Provinzoberin, lebe ich nun in München und habe die Aufgabe der Geistlichen Direktorin an der katholischen Journalistenschule, IFP, in München. Diese Arbeit hat den Bereich der Leitung und der Begleitung. In der heutigen Zeit als Journalist*in tätig zu sein, ist nicht nur leicht. So ist es, zusammen mit meinen Kolleg*innen, meine Aufgabe, eine werteorientierte Ausbildung anzubieten und den jungen Menschen in Ausbildung zu helfen, ein gutes Fundament für ihren zukünftigen Beruf zu bekommen.
„Die Liebe Gottes, die wir durch nichts verdient haben, ist eine Frohe Botschaft, die in uns den Wunsch nach totaler Hingabe weckt. Wenn wir Jesus Christus nachfolgen, lernen wir, zutiefst in unserem Herzen diese Liebe anzunehmen. Sie ist eine verwandelnde Kraft, die in uns für die Vereinigung mit Gott und mit den Menschen öffnet und uns befreit zum Dienen.“ Konst. 35.
„Mitten in der Welt finden wir im Glauben die wirksame Gegenwart Gottes. Wir bemühen uns, die Werte des Evangeliums zu erkennen, die in den Menschen und Gruppen um uns bereits da sind. Wir glauben, dass jede Kultur die Erfüllung ihrer Werte und ihrer Erwartungen in der neuen Botschaft des Evangeliums finden kann.“
Konst. 24
Derzeit lebe ich in Wien, in einer Stadt, wo Menschen aus verschiedenen Länder, Kulturen kommen. Ich staune in meiner Arbeit, in meinem Alltag davor, wie sich Gott sichtbar macht in unserer Welt, in verschiedenen Wirklichkeiten, auf verschiedenen Weisen und mit welcher Kraft er uns immer wieder neue Wege öffnet, neue Möglichkeiten gibt, die wir früher uns nicht vorstellen könnten. Ich glaube, wenn wir mit Vertrauen diese neue Wege und Möglichkeiten, trotz dass sie auch vielleicht Schwierigkeiten oder Leid in sich bergen, annehmen können, werden wir immer mehr seine Fürsorge und Liebe erfahren.
Mehr und näher als früher bekomme ich als Rätin in der Leitung unseres internationalen Ordens Dunkles, Schwächen, Schmerzliches, Zerrissenheit mit – in den Ländern, in denen unsere Schwestern leben, in der Kirche, in den Gemeinschaften und bei uns Schwestern. Und gleichzeitig: Wenn ich mir den Globus als ganzen vorstelle, leuchten da überall kräftige Lichter – von unseren Schwestern in hoffnungsgebenden Einsätzen und Lebensweisen, von Menschen, mit denen sie leben und arbeiten, und anderen. Lichter, die ihre Quelle in einem Großen Licht haben, das die Finsternis nicht erfassen kann (Joh 1,5). Und dann freue ich mich, mit diesen Schwestern zusammen unterwegs zu sein und mit anderen Menschen: nicht in einer Sackgasse, sondern in Durchgängen zum Licht, hier schon und dann endgültig.
„Mit ewiger Liebe habe ich dich geliebt“ (Jer 31,3) sagt der Herr durch den Propheten Jeremia, und diese Worte finden auch in unseren Herzen Widerhall. Diese Liebe habe ich auch gespürt, und ich möchte sie den anderen weitergeben.
„Der Geist des Herrn ruht auf mir, denn der Herr hat mich gesalbt. Er hat mich gesandt, damit ich den Armen eine gute Nachricht bringe“ (Lk 4,18) sagt Jesus im Evangelium nach Lukas. Er berief Jünger in seine Nachfolge, die diese gute Nachricht weitergaben. Jesus ruft uns auch heute, damit wir die gute Nachricht weitersagen.
Für mich sind jetzt „die Armen“ die benachteiligten Kinder in meiner Klasse. Ich möchte, selber aus der Fürsorge Gottes lebend, sie wieder lächeln sehen, ihnen Werte geben und sie für das Leben erziehen. Es gibt schwere Situationen, ich sehe ihr Leid, kann ihnen aber oft nicht helfen. Ich stehe nur ohnmächtig da, und betrachte die Last der Kinder. Ich denke in diesen Situationen an Gott, dass er uns genug Kraft gibt und dass er uns nicht verlässt.
Ich bin nicht alleine, und es gibt mir auch Zuversicht, dass meine Mitschwestern sich auch Mühe geben, um das Leiden der anderen zu vermindern.
Mehrere Jahre arbeitete ich in der geistlichen Begleitung und Exerzitienbegleitung in Österreich und Siebenbürgen/Rumänien. Unterwegs mit Studierenden, jungen Erwachsenen und Erwachsenen, die sich zu SeelsorgerInnen ausbilden lassen, suchten und erfuhren wir die kostenlose Liebe und Erbarmen Gottes, die uns immer mehr Mensch werden und erfüllt leben lässt.
Während eines Jahres in Paris, durfte ich die Kultur unserer Gründerin kennenlernen, in der sie lebte, betete und sprach. Diese Erfahrung formt mich täglich bezüglich des Reichtums und der Grenzen der verschiedenen Kulturen, und sie lockt mich immer tiefer in die universelle Sendung von Christus hinein, der für mich, für uns Mensch wurde und immer wird.
Mit dieser Prägung stehe ich weiter im Dienst der Begleitung von Menschen, Gott um seine Gnade bittend, daß ich die Botschaft seiner Güte, Treue und seines Friedens durchscheinen lasse.
„Umsonst habt ihr empfangen, umsonst sollt ihr geben“
(Mt 10,8)
Dieses Wort Jesu leitet mich in meinem Bestreben, zu verkünden und zu bezeugen, dass Gott der Vater aller Menschen ist, mitzuhelfen dabei, Menschen zu guter, für ihre Schwestern und Brüder hilfreicher Mitarbeit im “Weinberg des Herrn” zu befähigen und so mitzuwirken am Aufbau SEINES Reiches.
Das Charisma unserer Ordensgemeinschaft ermutigt uns Schwester immer wieder, durch die Ausrichtung auf einen grenzenlos liebenden Gott, diese grenzenlose Liebe Gottes für alle Menschen, besonders den Menschen, die in Grenzsituationen leben, spürbar werden zu lassen.
Im Artikel 27 unserer Konstitutionen werden wir aufgefordert: „… bei allem Guten mithelfen, was es auch sei… „. In Konst. 29 heißt es dann: „Wir entscheiden uns hauptsächlich für jene Menschen, die man vergisst, die in ihrer Menschenwürde verletzt sind und die die Verkündigung der Frohen Botschaft am dringendsten brauchen. Mit unseren apostolischen Einsätzen versuchen wir, auf die dringendsten universalen Anrufe zu antworten…”
Nach einer pastoralpsychologischen Ausbildung für Beratung in der Seelsorge ist jetzt meine Sendung, sehr unterschiedliche Menschen in verschiedenen Situationen und Einrichtungen zu begleiten.
Bei all meinen Erfahrungen in der Begegnung mit Menschen sehe ich sehr deutlich, dass die Welt wirklich Gottes liebevolle Zuwendung benötigt und auch empfängt, um leben zu können, durch die Menschen, die sich füreinander in den Dienst geben und Gottes Liebe und die Nächstenliebe sichtbar machen.
Das so vielfältig zu erleben, schenkt mir Hoffnung und Vertrauen in die Zukunft.
Meine Lebensthemen
Hoffnung – in allem
Lebensfreude – in allem
Gemeinschaft – in allem
Gott ein Gott des Lebens – in allem
Gott einziger Boden und Sicherheit in meinem Leben
Ich suche und frage immer wieder danach
Und bin eingeladen,
mich immer wieder neu dafür zu entscheiden.
„Gott, du hast mich mein Leben lang bis hier und jetzt
begleitet und kennst mich, wie du mich gemacht hast und
wie ich geworden bin. Und du liebst mich trotz und mit
alledem. Was ich bekommen habe und was in mir
gewachsen ist, drängt mich, es weiterzugeben in
Verbundenheit mit allen vergangenen, gegenwärtigen
und zukünftigen Geschöpfen in deiner Schöpfung,
zu deiner immer noch größeren Ehre, du Leben, Liebe, Licht, über-Alles,
Nichts und alles das nicht sondern noch ganz Anderer.“
Gott im Verborgenen erfahre ich jeden Tag in der Begegnung mit Menschen,
die wieder einen Anschluss an unsere Gesellschaft suchen und für die ich in
einer Einrichtung da sein darf. Dabei ist mir wichtig, diesen Menschen
Respekt vor ihren Lebensleistungen zu vermitteln und ihnen Impulse zu geben,
dass sie auf das in ihrem Leben schauen, was Gott – oft von Krankheit und
anderen Defiziten überlagert – an Sehnsucht und Lebenssinn in sie hineingelegt
hat und wo sie mehr sind als das verzerrte Bild, das sie von sich selbst haben.